Flamenco in alter und neuer Form mit dem Ensemble „Madrugá Flamenca“: Das Buchser Publikum kam am Mittwoch in den Genuss eines kurzweiligen und spannenden zweiten Kreuzabends.
Als präzises, wandlungsfähiges und stimmungsvolles Ensemble zeigten sich am letzten Kreuzabend, dem zweiten der Saison, Sybille Märklin (Tanz), Jörg Hofmann (Gitarre), Jörg Benzing (Querflöte) und Markus Lechner (Kontrabass). Das Ensemble „Madrugá Flamenca“ aus dem deutschen Freiburg kam beim Buchser Publikum gut an.
„Momentos entre noche y día“, die Momente zwischen Nacht und Tag, sind es, die dem aktuellen Programm des seit 2000 bestehenden Ensembles den Titel gaben. Und die Übergänge, die Zwischenräume sind Programm von „Madrugá Flamenca“: Musikalisch und tänzerisch sehr wohl der Tradition des Flamenco verbunden – so haben die Künstler auch grosse Teile ihrer Ausbildung in Spanien absolviert – überschreiten sie die Grenzen des traditionellen Flamenco immer wieder, sowohl was den Tanz als auch was die Musik betrifft. Jazzige Elemente sind hörbar, und Elemente des modernen Tanzes fliessen vor allem im zweiten Teil des Abends ein.
Auch die Inspirationsquellen lassen, zumindest was das erste Stück angeht, aufhorchen: Eine Rondeña trägt den Titel „Wandrers Nachtlied“, frei nach Goethe. „La noche en la isla“ (Alegría), „Calle Imperial“ (bulería) und Despertando la luna“, ein Jaleo, wurden zum Teil rein musikalisch dargeboten, zum Teil mit dem faszinierenden Tanz von Sybille Märklin. Eine Tänzerin, bei der das kraftvolle energische Element des Flamenco dominiert, deren Strenge durch die weicheren Passagen nur wenig gemildert erscheint. Ihre Körperbeherrschung und die Präzision fesseln den Blick. Und gleich zu Anfang lässt sie den traditionellen Flamencorock zu Boden gleiten, um in Hosen weiter zu tanzen.
Nach der Pause folgte die „Suite minera“ mit den fünf Teilen Crepúsculo/ Abenddämerung; Nocturno/Nächtliche Serenade; Taranta/Cartagenera Madrugada/Zwischen Nacht und Tag; Bulería, Aurora/Morgenröte; Tangos a contraluz/ Im Gegenlicht, und schließlich der Epílogo. Die Stimmung war schaurig zu Beginn, die Lichtregie gekonnt, um das Kerzenlicht zur Geltung zu bringen. Die Tänzerin und die Musiker vermochten in einer Parforce-Leistung über weite Strecken zu bezaubern, unterstützt von den farblichen Kontrasten, die die Tages- und Nachtstimmungen wiedergaben. Lag über dem grünen, schwingenden Kleid erst ein nächtlich schwarzer Schleier, trat Sybille Märklin zum furiosen Finale in einem leuchtend roten Kleid, gleich Aurora, der Morgenröte, auf die Bühne.
Das Buchser Publikum zeigte sich konzentriert und begeistert, nach einer kurzen Zugabe wurden die Künstler des Ensembles „Madrugá Flamenca“ mit viel Beifall verabschiedet.
Berner Rundschau, 11/03