Dem Wasser ähnlicher als dem Feuer sei der Flamenco, heißt es, und ein Liedtext beginnt: „Stein war ich und verlor meine Mitte/und sie warfen mich ins Meer/ durch die Kraft langer Zeit/fand ich meine Mitte.“ „¡Agua!“ heißt die neue Produktion des Freiburger Ensembles „Madrugá flamenca“, das sich vom feuchten Lebenselement zu einer mitreißenden Kaskade neuer Choreografien und rhythmisch fließender Instrumentalstücke inspirieren ließ.
Zum Charakteristikum der starken sechsköpfigen Crew um die Tänzerin Sybille Märklin gehört es ohnehin, den oft brüsken Stakkato des archaischen Flamenco im fließenden Wechsel zum Ausdruckstanz gleichsam aufzulösen – ohne dabei an Kraft einzubüßen. So erscheint Sybille Märklin jetzt auf der Bühne der historischen Reithalle des Schlosses Ebnet – und leider nicht, wie erhofft, „unter den Sternen“ – geschmeidiger und anmutiger denn je: impulsiv und vollkommen beherrscht, fordernd und melancholisch, in schlangenhafter Geschmeidigkeit, die ganz selbstverständlich in die strenge Archaik traditioneller Figuren mündet. Flutend, stockend, dann im Überschwang entfaltet sich die Energie der Tänzerin, die auch mit ihren wunderbar fließenden Stoffen verzaubert: ein mitreißend rhythmischer Wasserfall.
Auch die Musik des Ensembles hat an Freiheit und stilistischer Vielfalt zugelegt: Jazz und Folkelemente fließen zwanglos ein, der famose Querflötist Jörg Benzing verblüfft auch schon mal mit einer Bach-Einlage à la Jacques Loussier. Insgesamt sind die Solo-Parts deutlich ausgebaut, die Gesangspartien von Jörg Hofmann in komplexe Arrangements eingegliedert, und es gibt mehr Raum für Improvisation. Auf die im Herbst erscheinende CD darf man gespannt sein.
Die Choreographie, der Wechsel von Instrumentalstücken und Tanz mit teils fließendem Übergang, ist geschickt austariert. Einziger Wermutstropfen in Ebnet: die störenden Rückkopplungen. „¡Agua!“ – Wasser in allen tanzbaren Aggregatzuständen – ist trotzdem einer der Glanzpunkte des diesjährigen Kultursommers dort. Das Publikum dankte mit frenetischem Applaus.
Badische Zeitung, 7/07