Madrugá Flamenca mit Gästen im Theater Freiburg

Der Abend im ausverkauften Haus begann nicht wie erwartet mit Musik und Tanz, sondern mit Wort und Bild: Der chilenische Maler Nelson Leiva eröffnete den Abend, indem er, inspiriert von der rezitierenden Stimme Pablo Nerudas, auf einer großen Leinwand die Umrisse von Gestalten entstehen ließ. Ein animierender Auftakt für die folgende musikalisch-tänzerische Interpretation der Gedichte Nerudas durch die vier Musiker Jörg Hofmann, Jörg Benzing, Markus Lechner und Frank Bockius und natürlich die Tänzerin Sybille Märklin.

Aber nicht nur die verschiedenen Künste hatten an diesem Abend einen gemeinsamen Auftritt auf der Bühne, sondern auch verschiedene Stilrichtungen im Tanz. Neben den einerseits zarten und anmutigen, aber auch strengen und stolzen Bewegungen Sybille Märklins zeigte der zeitgenössische Tänzer Marco Volta vom Tanztheater Freiburg ein ganz anderes Bewegungsvokabular, das in eine eigentümlich faszinierende Zwiesprache mit den einzelnen Instrumenten mündete.

Höhepunkt des Abends war wohl der Pas de Deux von Marco Volta und Sybille Märklin, in dem sich nicht nur die beiden Tanzstile annäherten, sondern auch die alte Geschichte von Verlockung, Liebe und Verlust erzählt wurde.

Die zweite Hälfte des Abends wurde bereichert durch den spannungsvoll eingebundenen Auftritt von Mercedes Ruiz, die, begleitet von dem Gitarristen Santiago Lara, wiederum in ihrerm explosiven, strengen, fast unerbittlichen Stil an die eher traditionellen Formen des Flamenco erinnerte.

Beim Fin de Fiesta kam noch einmal ordentlich Stimmung auf: Marco Volta verabschiedete sich sehr gekonnt mit einigen Takten „Modern Dance por Bulería“, und weder Maler noch Gitarrist ließen es sich nehmen, angefeuert von den beiden Tänzerinnen, auch ihre tänzerischen Qualitäten kurz aufscheinen zu lassen. Das Freiburger Publikum war jedenfalls in seiner Begeisterung kaum zu bremsen.

Anda – Zeitschrift für Flamenco, 4/06