Das ist ein im Flamenco gebräuchlicher Jubelschrei: ¡Agua! Und den möchte man ausstoßen angesichts dieses Gesamtkunstwerkes.
Die Freiburger Gruppe Madrugá Flamenca um Sybille Märklin und Jörg Hofmann hat ihren ganz charakteristischen Stil, der selbstbewußt und eigentümlich ist. Seit sieben Jahren besteht die Gruppe (mit Stammbesetzung Jörg Benzing, Flöte und Markus Lechner, Bass) und das hört man dieser vorzüglichen Produktion in jedem Ton an. Sie reifte durch Konzerte und Tourneen und besticht durch ihre eingespielte Musikalität, wie es sie im Flamenco selten gibt.
Kopf der Gruppe ist der Freiburger Gitarrist Jörg Hofmann, ein wahres Multitalent, der nicht nur für die musikalische Leitung steht, die Kompositionen macht und zahlreiche Perkussionsinstrumente spielt. Auch die Textbearbeitung und der Gesang sind seine Aufgabe (bei den Konzerten zudem die Begleitung der bestechenden Tänzerin Sybille Märklin und die charmante Moderation). Außerdem steht er bei allen wichtigen Tanzkursen in seiner Schule „Soleá“ oder bei Festivals in den Tanzschuhen. Einer, der den Flamenco mit jeder Faser seiner Künstlerseele lebt und praktiziert. Doch das Ergebnis ist niemals ein Nachahmen andalusischer Vorbilder, sondern immer der eigene künstlerische Weg und eine künstlerische Vision, die Mut und Selbstsicherheit, eigentlich ja typische Flamencoeigenschaften, erfordert. Sein Gesang ist völlig anders als herkömmlicher Cante flamenco, er lässt seiner warmen Baritonstimme die Freiheit zu melismieren, singt eine Seguiriya mit weniger hartem Druck als mit weicher Wärme, sein Lied vom Wasser hat Ohrwurmcharakter. Auch in seinem Gitarrenspiel beeindruckt er nicht durch vordergründige Virtuosität sondern mit einer stimmigen Idee, schönen Melodien und hintergründiger Substanz.
¡Agua! ist eines der wenigen Konzeptalben im Flamenco, die Texte drehen sich um das Wasser, das Meer, die fließenden Bewegungen und die sorgfältig recherchierten Inhalte, spiegeln sich auch in der Musik, im Layout und in ihrem Konzertprogramm wider. Reine, schillernde Poesie.
Anda – Zeitschrift für Flamenco, 4/08