Interview (SWR) mit Sybille Märklin und Jörg Hofmann

Das Freiburger Flamenco Ensemble „Madruga Flamenca“ Flamenco aus Deutschland. Kultur Regional am 6.5.2015 von Martina Schmid

Als Carlos Saura Spielfilm „Carmen“, 1983 in die Kinos kam, wurden auch in Deutschland Tanzbegeisterte zunehmend vom „Flamenco-Fieber“ gepackt. Eine Vorreiterrolle hatte dabei Freiburg als eine der ersten Städte, in denen sich eine lebhafte Flamenco-Szene etablierte. Das renommierte Ensemble „Madrugá Flamenca“ kann in diesem Jahr auf 15 ereignisreiche Jahre seit der Gründung zurückschauen.

„Wenn ich es wirklich in kurze, knappe Worte fassen sollte, würde ich, glaube ich, sagen: Der Flamenco ist die Kunst des „Hier bin ich, ich kann nicht anders.“. Man kann sich nicht verstecken. Im Flamenco zieht man sich nackig aus, im übertragenen Sinne, weil man seine Gefühle wirklich offen legt. Wenn man sich verstellt und versteckt, dann ist es eine Show, dann ist es vielleicht virtuos und laut und spannend aber nicht mehr berührend.“ (Sybille Märklin)

Wenn Sybille Märklin tanzt, dann erzählt jede Geste, jeder Blick eine Geschichte, getragen von Ihrer Persönlichkeit und dem Ausdruck von großer Lebendigkeit und Präsenz. Sie bedient sich auch aus anderen Tanz-Stilen, denn schon seit seinen Ursprüngen ist der Flamenco kultureller Schmelztiegel unterschiedlichster Einflüsse. Ein Freiburger Flamenco-Ensemble ist deshalb für den Gitarristen und Sänger Jörg Hofmann auch kein Widerspruch zur Tradition.

„Im Grunde geht’s doch nur darum: Wenn du echt bist, dann nimmst du all das, was du in deinem Leben erlebt hast, gelernt hast, all das was du zur Verfügung hast und gibst es in diesen einen Moment. Und da sind deine eigenen Gefühle drin, da ist Musik drin, die Du gehört hast, Tanz, den Du gesehen hast, Dinge, die Dich berührt haben. Und wenn du das alles wieder raus lässt, dann wird es etwas Neues sein, dann wird es Dein eigener Flamenco sein. Und das ist natürlich das, was den Flamenco lebendig macht, was ihn immer wieder neu lebendig macht.“ (Jörg Hofmann)

Jörg Hofmann und Sybille Märklin haben jahrelang in den spanischen Flamenco-Zentren Madrid, Sevilla und Jerez gelebt und mit allen bekannten Größen dort gearbeitet. Ihr Ensemble, Madrugá Flamenca wurde mehrfach ausgezeichnet, CDs entstanden und mittlerweile geben sich internationale Stars der Szene in ihrer Schule La Soléa die Klinke in die Hand. Das lockt auch Teilnehmer aus dem entfernten Ausland zu Workshops nach Freiburg.

„Es geht auch um das Renommee der Schule, aber ich würde, glaube ich, wirklich sagen, in zweiter Linie, sondern es geht darum, dass wir uns und auch unseren Schülern ermöglichen wollen, einfach Top-Stars vor der Nase zu haben, ohne immer nach Spanien fahren zu müssen.“ (Sybille Märklin)

Jörg Hofmann hat gerade seine erste Solo-CD veröffentlicht. Als deutscher Künstler, der sich beruflich dem Flamenco verschrieben hat, ist ihm die Frage nach seinen Motiven natürlich nicht fremd:

„Du kannst Dich im Flamenco ausdrücken, ohne dass es schön sein muss. Es muss nicht ästhetisch sein, weder der Gesang noch die Musik, noch der Tanz aber es muss echt sein. Das ist der Punkt, der mich wahnsinnig am Flamenco interessiert und begeistert: Kommunikation unter Menschen, die Gefühle haben. Und das ist letztendlich etwas, das hat überhaupt nichts mit der Nationalität zu tun.“ (Jörg Hofmann)

Als Bühnenkünstler ernten sie Beifallsstürme ihres Publikums, und als Lehrer vermitteln Sybille Märklin und Jörg Hofmann ihren Schülern was Flamenco nicht zuletzt auch ist: Ansteckend mitreißende Lebensfreude mitten ins Herz:

„Wenn die Leute anrufen und sagen: „… ich bin schon 47“, dann sag‘ ich: super, perfektes Alter! Unsere Älteste ist 78 und da ist auch noch nicht Ende der Fahnenstange. Oder wenn die Leute sagen: „… ja, ich hab‘ ein bisschen Übergewicht, ich hab‘ nicht so den Ballett-Körper.“ Ja, perfekt, dann bist Du beim Flamenco genau richtig! Weil, es geht nicht darum, Perfektion, Schönheit, oder das Klischee zu erfüllen, sondern es geht darum, was in den großen Pool reinzulegen, was einen besonders macht.“ (Sybille Märklin)

Kultur Regional am 6.5.2015 von Martina Schmid