Hommage: Ensemble madrugá flamenca

Die steile Doppelfalte auf der Stirn gehört unbedingt dazu. Flamenco, das ist angespannte Leidenschaft und leidenschaftliche Anspannung von den Fußspitzen bis in die Haarwurzeln. Energie, die im Stakkato der Füße eruptiv ausbricht und im eleganten Kreisen der Hände kontrolliert zurückgehalten wird. 

Sybille Märklin beherrscht all das, wiewohl es ihr als Freiburgerin nicht in die Wiege gelegt wurde. Vielleicht ermöglicht ihr gerade das, mit der fremden Tradition recht frei umzugehen, mit überlieferten Rollen zu spielen und den Flamenco in andere Zusammenhänge zu integrieren.

Denn im Gefüge des Programms „Poemas de amor“, mit dem das fünfköpfige Freiburger Ensemble „madrugá flamenca“ am Sonntagnachmittag im Teo-Otto-Theater gastierte, macht der „klassische“ spanische Tanz nur einen gleichberechtigten Teil unter anderen aus.

„Poemas de amor“, das sind in diesem Fall Liebesgedichte des chilenischen Dichters Pablo Neruda, die Gitarrist Jörg Hofmann sensibel mit wunderschöner Melodik vertont hat und die er mit angenehm warmer, weicher Stimme vorträgt und kurz kommentiert.

Hinzu kommt als Gast Marco Volta vom Tanztheater Freiburg, der Musik und Worte bravourös in modernen Tanz umsetzt. Beinahe pantomimisch übersetzt er flatternde Flötentöne, weich-schwingendes Basszupfen, perlende Gitarrenläufe, rhythmische Percussionschläge oder das pure gesprochene, gehauchte Wort in geschmeidige Körperbewegung. Musik, Lyrik und Tanz verschmelzen zur perfekten Einheit.

… wunderbar die Eingangs- und Schlusssequenzen: Hier nimmt sich die Tänzerin zur Stimme Pablo Nerudas vom Band und zum Gesang Jörg Hofmanns in verhaltenen Bewegungen zurück, um dann mit fulminantem Tanz und einem Spazierstock als zusätzlichem Rhythmusinstrument gleichsam zu antworten – so funktioniert’s.

Das Publikum dankte mit überaus herzlichem Applaus.

Remscheider General Anzeiger, 4/06