Der leise Rhythmus des Schmerzes

„Madrugá Flamenca“ interpretieren Pablo Nerudas Liebesgedichte mit Musik und Tanz in der Speyerer Stadthalle.

Wenn deutsche Musiker sich mit ihrer Kunst der Folklore eines anderen Landes verschreiben, dann hat dies oft den Anschein des redlich Bemühten, aber nur selten den des natürlich Gewachsenen. Bei dem vor vier Jahren in Freiburg gegründeten Ensemble „Madrugá flamenca“ ist dies etwas anderes. Die Tänzerin Sybille Märklin und der Gitarrist Jörg Hofmann haben ihre Kunst in Spanien gelernt, und das merkt man bei ihren Auftritten.

Zahlreiche Konzerte hat das fünfköpfige Ensemble im In- und Ausland gegeben, ist Einladungen zu renommierten Tanz- und Musikfestivals gefolgt. Ein begeistertes Publikum hinterließ „Madrugá flamenca“ auch im Großen Saal der Stadthalle Speyer, wo es beim Jazzclub gastierte.

Ursprünglicher Flamenco ist es nicht, dem sich das Ensemble verschrieben hat, sondern eine stilisierte Form davon; und die ist angereichert mit Elementen des Pop und Jazz.

Die jüngste Produktion des Ensembles ist eine eindringliche musikalisch-tänzerische Umsetzung von Liebesgedichten des chilenischen Dichters Pablo Neruda. Sprache als Bindeglied zwischen Tanz und Musik – für solche intermedialen Austauschprozesse hat „Madrugá flamenca“ einen ganz besonderen Sinn. Die Poesie und Kraft der Verse erhielt eine eigene Ausdeutung durch Tanz und Musik. Mit Poesie hatten vor allem die Klänge sehr viel zu tun. Eine tönende lyrische Zartheit als Abbild der Liebesverse. Duftige Girlanden flocht Jörg Benzing auf der Querflöte, begleitet von melodiösen Kontrabasslinien des Markus Lechner und der federleichten Perkussion (Frank Bockius). Sehr viel variable Farben und Stimmungen brachte der Gitarrist Jörg Hofmann in sein Spiel, zart gesprenkelte Sehnsüchte, dunkel glühende Klagen. Gefühle, die er ebenso in seinem spanischen Gesang zum Ausdruck brachte. Erfüllt von melodischer Schönheit, ruhig fließender Elegik und leisem Seelenschmerz.

Den Flamencotanz hat Sybille Märklin gut studiert und bringt damit sehr viel Stimmung und Stimmigkeit in den Auftritt des Ensembles. Mit den Händen malte sie geschmeidige Arabesken in die Lüfte, mit den Absätzen ihrer Schuhe trommelt sie feurige Rhythmen auf den Bühnenboden. Zwischen Himmel und Erde bewegt sich die ganze Show. Ebenso viel Sinnlichkeit wie feurige Leidenschaften brachte Märklin in ihre Tänze, die sie in wechselnden Kostümen aufführte.

Eine Tanz- und Klatschnummer gibt es traditionell bei Flamenco-Konzerten als Zugabe und bei so viel Publikumsbegeisterung ließ sich auch „Madrugá flamenca“ nicht lange bitten.

Rheinpfalz, 5/05