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Wasserauschen und brausende Winde
Sechs Musiker und Tänzer setzen den Flamenco einmal ganz anders in Szene

Haspe. Eine ganz eigene stilistische Variante des Flamenco präsentierte am Sonntag das süddeutsche Ensemble "madrugáflamenca" im Kulturzentrum der Waldorfschule in Haspe.

Unter dem Titel "Agua!" präsentierten die sechs im August 2006 mit dem Regio- Kulturpreis für Darstellende Künste der Europäischen Kulturstiftung "Pro Regio" ausgezeichneten Musiker und Tänzer eine szenisch-tänzerisch- klangliche Hommage an das Urelement Wasser. Wasserrauschen und brausende Winde wurden mit einfachsten, jedoch effektiven Mitteln wie Fingerschnippen, kleinen, hin und herrollenden Kugeln im Tambourin sowie diversem Schlagwerk erzeugt. Mit teilweise fliessenden, teilweise zackig- abrupten, perfekt kontrollierten Körperbewegungen und Tanzschritten sowie einem enormen Repertoire an gestisch-mimischen und choreografischen Ausdrucksmitteln und leidenschaftlichem Feuer präsentierte Tänzerin Sybille Märklin, assistiert von ihren Kolleginnen Michaela Wenzlaff und Frauke Alpermann, ihre ganz eigene Lesart modernen Ausdruckstanzes fussend auf jahrhundertealter Tradition.

Von rauschenden Ozeanfluten über stille geweinte Tränen, vom Blut, das durch die Adern fliesst bis zum reinigenden Gewitter- Wasser als flüssiges Element ist Metapher für lebensspendende Kraft an sich. Genauso fliesst die Kunst des Flamenco als lebenswichtiges musikalisches Elixir durch die Adern der Vollblutmusiker und -tänzer. Dabei vereinigen die vier exzellenten Musiker mit stilübergreifender Souveränität Elemente der spanischen Volksmusik, der arabischen Musik, des Jazz, der klasischen Gitarre mal mit treibenden Rockrhythmen, mal mit frei improvisierten Klangcollagen. Getragen von der versiert aufeinander eingespielten Rhythmusgruppe mit Schlagzeuger Friedemann Stert und Koontrabassist Markus Lechner, präsentierte der musikalische Leiter, Gitarrist, Sänger und Komponist Jörg Hofmann eigenständige Songs und Kompositionen, die alte musikalische Traditionen in neuem zeitgemässen Licht erscheinen lassen.

Stimmungsvolle Gitarrenriffs und ausdrucksvolle, sehnsüchtige Gesangsmelodien schufen die ideale Atmosphäre für die rassigen, leidenschaftlichen, bis zur Extase gesteigerten Tanzeinlagen. So präsentierte sich die "Siguiriya" als klanglich- szenisches Mini- Drama, verströmte der gar nicht mehr schwerfällige Kontrabass in "yo voy a la fuente" leichtfüssige Arpeggien wie eine Flamenco- Gitarre und Jörg Benzing machte "Siempre por los rincones" zum klanglich- lautmalerischen, flötentechnischen Kabinettstück, an dem Ian Anderson von "Jethro Tull" seine Freude gehabt hätte. Nach begeisterten Ovationen durften in der Zugabe alle Beteiligten reihum ihre Flamenco- "Tanzkünste" rauslassen- sehr zur Freude des hingerissenen Publikums.

westfälische rundschau, 2/08.