|
|
Wechselbad spanischer Gefühle
"Madrugá Flamenca" mit kontrastreichem Programm im Grünstadter Weinstraßencenter
Die rote Sonne versinkt im Meer, eine seichte Brise beendet den heißen Tag angenehm kühl.
Solcherlei Bilder erweckt Jörg Hofmann, wenn er sehr gefühlvoll und melodiös seiner Gitarre
Töne entlockt, die mal laut, mal kaum hörbar erklingen. Das deutsche Ensemble "Madrugá Flamenca"
brachte am Samstagabend mit Tanz, Gesang und Musik spanisches Lebensgefühl ins Grünstadter
Weinstraßencenter.
Das Gitarrenspiel ist der Einstieg zur Rondeña "Wandrers Nachtlied", einer Hommage an eine
Bergregion bei Sevilla. Bald mischt sich der Rhythmus des Kontrabasses, gespielt von Markus
Lechner, unter die zarten Töne, und die Querflöte (Jörg Benzing) setzt melancholische Akzente.
Das Klangvolumen schwillt an, die Musik gewinnt an Dramatik, jetzt dominiert der Rhythmus.
Man sehnt die Tänzerin (Sybille Märklin) herbei, die jetzt einfach kommen muss, doch sie
lässt immer noch auf sich warten.
Erst bei der "Martinete y Seguiriya" betritt sie di Bühne. Ihr todernstes Gesicht, ihre
harten Bewegungen zeigen deutlich, dass ein Unglück passiert sein muss, das sie nur schwer
verkraften kann. Um die Tragik des Stückes zu unterstreichen, klopft Hofmann mit der Hand
rhythmisch auf den Korpus seines Instrumentes. Immer schneller tanzt Sybille Märklin ihren
Flamenco, der schließlich in einen atemberaubend flinken Steptanz und in "Bravo"-Rufen aus
dem Zuschauerraum gipfelt.
Weiterhin stark rhythmusbetont ist der Tango "El Piropo", nicht zu verwechseln mt dem argentinischen
Tango. Allerdings weckt er eher fröhliche Gefühle: Die Querflöte mimt einen Schmetterling, der
im lauen Sommerwind unschlüssig über einer Blumenwiese auf und nieder tänzelt.
Der Zuschauer schwimmt in einem Wechselbad der Gefühle. "Madrugá Flamenca" gelingt durch die
Vermischung des klassischen Flamenco mit modernen Stilrichtungen wie dem Jazz ein kontrastreiches
Programm. Der Gesang ist durch das sich als eigenständige Kunst darstellende Gitarrenspiel von
Jörg Hofmann entbehrlich.
Nachdem er den Wind über die Saiten gleiten lässt und vereinzelte "Regentropfen" das drohende
Unwetter ankündigen, zeigt Sybille Märklin zu "Summertime" noch einmal eindrucksvoll ihr Können.
Jede Nuance scheint perfekt einstudiert, kein Finger wird versehentlich gekrümmt, kein Ton entweicht
ihrer Kehle ungewollt. Es erstaunt, wie gut es den deutschen Künstlern gelingt, sich in diese,
in das 18. Jahrhundert zurückreichende spanische Tradition hineinzuversetzen.
"Ich habe jahrelang in Sevilla, Madrid und Jerez gelebt und dort meine Liebe zum Flamenco
entdeckt", erzählt Jörg Hofmann im Rheinpfalz- Gespräch. Der Gitarrist begleitet Sänger
und Tänzer und arbeitet darüber hinaus als Solist. Gemeinsam mit der Tanzlehrerin und
Choreographin Sybille Märklin, die wie er ihre Ausbildung in Spanien erhielt, sei er der
Kern der Gruppe, so Hofmann. Seit rund anderthalb Jahren treten sie in Deutschland und
der Schweiz zusammen mit dem Flötisten und dem Bassisten auf. Schade nur, dass sie in
Grünstadt nicht in einem Weingut gespielt haben, wo ein warmer Abendwind und ein guter
Roter für das entsprechende Ambiente gesorgt hätten.
Rheinpfalz, 6/02.
|
|