|
|
Von der Natur des Wassers
Madrugá Flamenca stellt ihre neue Produktion "¡Agua!" vor
Der Lichtkegel könnte auch ein Wasserfleck sein. Doch dann sind Schritte zu hören und die ersten
schnippenden Hände treten ins Licht, weitere folgen. Sind es nur zwei oder ist bereits das ganze
Ensemble von madrugáflamenca auf der Bühne? Die rhythmisch schnippenden Hände
sehen im Lichtschein wie eine kreuzförmige Blume aus, die ihre Gestalt wechselt. Zum Klatschen
kommt ein Rufen hinzu, das Stampfen der Füße wird drängender. Man findet sich zum
Halbkreis, aus dem sich Märklin, bekleidet mit einem Overall mit Paillettenoberteil, und Marco Volta lösen.
Irgendwann fällt der Vorhang und die Musiker, nun an ihren Instrumenten, werden wieder sichtbar.
Herausfordernd beginnen die beiden Tänzer mit ihren Händen den Takt auf den Bühnenboden
im Großen Haus des Theater Freiburg zu schlagen. eine Berührung wird angedeutet und bleibt
doch unausgeführt. Wassertropfen sind zu hören, ein Gewitter, das Licht ist blau. Die
Frau lehnt sich an seinen Rücken, im nächsten Moment tauschen sie die Rollen. Marco Volta
umfasst Sybille Märklin, hebt sie und lässt sie kreiseln. So schwerelos kann also Flamenco sein.
Der Beginn der neuesten Produktion der Freiburger Flamencoformation madrugáflamenca "¡Agua!"
könnte programmatischer nicht sein. Legt es die Gruppe doch darauf an, den klassischen Flamenco mit
zeitgenössischen Elementen zu verbinden. Theatralische Effekte nicht ausgeschlossen, aber auch,
dass ein im zeitgenössischen Tanz ausgebildeter Darsteller wie Marco Volta zum Gegenpart der
Flamencotänzerin Sybille Märklin werden kann.
"¡Agua!", das abendfüllende Programm der Formation meint nicht allein das Motiv des Wassers, es sucht
auch die Verbindungen zum Flamenco, versteht ihn als einen wandelbaren Tanz, der zwar in der Tradition seine
Wurzeln hat, sich jedoch nicht gegen neue Strömungen sperrt. Und der sich wie das Wasser immer neue Wege
sucht. Seit sieben Jahren arbeiten Sybille Märklin und der Sänger und Gitarrist Jörg Hofmann
zusammen mit Jörg Benzing an der Querflöte und Markus Lechner am Bass an dieser Idee. Musiker wie
Friedemann Stert an den Percussions oder Tänzer wie Marco Volta, der Mitglied im Ensemble von Irina
Pauls war, ergänzen häufig die Besetzung.
Mal sind es die Instrumente, die das Motiv des Wassers
aufgreifen, so weicht der fast heisere Klang der Flöte Jörg Benzings kleinen Kaskaden wie von einem
springenden Bach oder einem schmaleren Fluss mit Stromschnellen (Musik: Jörg Hofmann), dann sind es die
Rüschen und schwingenden Röcke der Kleider, aber immer der technisch saubere Tanz Märklins.
Vor der an die Bühnenwand projizierten Nahaufnahme von Lichtreflexen auf Wasser tanzt sie barfuß,
setzt zu Sprüngen an, baut Bodenfiguren ein und scheint am Ende wie über Steine zu balancieren.
Maco Volta fasst das Thema mit Witz auf, um die auf der Bühne verteilten Gläser tanzt er virtuos
herum, eine Welle geht durch seinen Körper, so als ob er auf glitschigem Grund ausgerutscht wäre,
schlägt dann ein halbes Rad, um sich später auf ein Glas zu setzen. Dass der Flamenco auch ein
Locken ist, zeigt sich in Märklins Tanz mit dem Tuch, das sie über ein schlichtes schwarzes Kleid
gelegt hat. Es verlängert den Körper, vollführt Drehungen und gleitet wie Wasser.
Vorstelllungen: 13./14. Juli beim Ebneter Kultursommer, Open-Air.
kulturjoker, 6/07.
|
|