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"Aufbruch in eine neue Ära"
Ensemble madrugá flamenca

¡Agua! Betörend wie ein andalusischer Sonnenuntergang, atemberaubend wie ein sommerlicher Gewitterregen! Völlig zu Recht geht der diesjährige ZMF-Preis an das Ensemble madrugá flamenca, die mit ihrer aktuellen Produktion ¡Agua! ein glutvolles Gesamtkunstwerk geschaffen haben, ebenso hörens- wie sehenswert.

Klappernde Kastagnetten, rhythmische Gitarrenklänge, sehnsuchtsvolle Gesänge und stolze Tänzerinnen - seinen Ursprung hat der Flamenco in Andalusien, seinen vorläufigen Höhepunkt erreicht er in Freiburg. Im Sommer 2000 formierte sich dort das Ensemble madrugá flamenca um Sybille Märklin (Tanz) und Jörg Hofmann (Gesang/Gitarre), mit dem Ziel, ein eigenes, neues Flamencokonzept zu verwirklichen. Es ist ihnen inzwischen eindrucksvoll gelungen. Chilli-Autor Kai Hockenjos unterhielt sich mit den diesjährigen ZMF-Preisträgern.

Chilli: Glückwunsch, ihr seid ZMF-Preisträger 2008. Über Nacht kam der Erfolg nicht, ihr spielt seit Jahren zusammen, hattet internationale Auftritte und Auszeichnungen - trotzdem freudig überrascht?

Märklin: Na klar sind wir das! Der Preis ist eine große Auszeichnung. Wir hatten darauf schon das eine oder andere Jahr spekuliert und dass wir ihn nun bekommen, freut uns total. Auch weil wir wissen, dass andere hochkarätige Bands im Rennen waren. Wir finden die Wahl aber durchaus gerechtfertigt, wenn ich das so sagen darf (lacht).

Chilli: Nur seid ihr keine Musikgruppe im klassischen Sinn, als was versteht ihr Euch - Band? Tanzprojekt?

Märklin: Bei dem Begriff Band fällt die Instanz Tanz weg und beim Tanzprojekt das Musikalische. Deshalb nennen wir uns Ensemble und das trifft es ganz gut, weil im tiefen Sinn von Ensemble, also Künstlergruppe, das steckt, was wir täglich machen: musizieren, arbeiten, tanzen.

Chilli: Und trotzdem ist es eine neue Art des Flamenco, den ihr präsentiert. Deswegen auch der Name "madrugá", also Morgengrauen, die symbolische Zeit des Übergangs von gestern auf heute?

Hofmann: Genau, das war die Idee dahinter. Wir wollten etwas Neues machen, ein Aufbruch in eine neue Ära und uns deshalb auch so nennen. Eigentlich ist es nicht der Versuch, etwas Neues, Modernes zu machen, sondern vielmehr der Versuch, authentisch zu sein, das steht beim Flamenco eigentlich fast über allem. Deshalb kopieren wir auch keine Flamencostereotypen, sondern versuchen, alles was wir sind und alles was wir können in unsere Art des Flamenco einzubringen.

Chilli: Freiburg ist nicht Andalusien - wie kamt ihr mit dem Flamenco in Berührung?

Hofmann: Flamenco ist innerhalb der Weltmusik eine Randstilistik, aber jemand der tanzt oder Gitarre spielt, kommt unweigerlich mit ihm in Berührung. Wir waren auch lange in Spanien und haben Unterricht genommen und uns professionell ausbilden lassen. Dass wir jetzt in Freiburg sind und Flamenco machen, ist für den zeitgenössischen Flamenco gar nicht so unüblich, denn diese Kunst hat sich sehr geöffnet. Ähnlich wie beim Jazz, der in den amerikanischen Südstaaten entstand und sich dann weltweit verbreitete, ist es beim Flamenco. Heute findet man ihn überall.

Chilli: Ist es mehr als Musik und Tanz, ist Flamenco ein Lebensgefühl?

Märklin: Das Klischee, dass man beim Flamenco whiskeytrinkend die Nacht zum Tag macht, ist überholt. Für mich ist Flamenco etwas, was mir viele Freiheiten und Möglichkeiten gibt mich auszudrücken und weiterzuentwickeln und das fasziniert mich.

Chilli: Beim ZMF Preisträgerkonzert am 7. Juli heißt es dann "Flamenco meets Cuba" - was dürfen wir erwarten?

Hofmann: Wir wollen nicht zuviel verraten, aber sicher ist, dass wir Auszüge aus unserem aktuellen Programm ¡Agua! präsentieren, dann die Klazz Brothers und Cuba Percussion spielen und wir anschließend gemeinsam mit weiteren Gästen auftreten - das wird sicherlich spannend!

Chilli - das Freiburger Stadtmagazin, 5/08.