copyright b.ruda


zurück
    

Wenn spanische Dichtkunst auf Flamenco trifft
Ein besonderes Experiment in der Reihe "Consonanzen – Zusammenhänge" in der Rainhofscheune in Kirchzarten vereinbart eine Lesung mit temperamentvollem Tanz.

KIRCHZARTEN. "Consonanzen – Zusammenhänge", so heißt die Veranstaltungsreihe in der Rainhofscheune, in der Sibylle Steinweg, Inhaberin des Buchladens, verschiedene Kunstformen miteinander in Verbindung bringt. Seit 2013 treten Künstler aus Literatur, Musik, Tanz, Film und Bildender Kunst in diesem besonderen Ambiente auf. Diesmal gab es ein besonderes Experiment: "Lorca meets Flamenco" mit dem Schriftsteller und Übersetzer Jose F. A. Oliver und dem Ensemble madruga flamenca.

Schon im April 2015 begeisterte Jose Oliver sein Publikum bei einer Matinée in der kleinen Tenne mit einer Lesung aus eigenen Werken. Er bezeichnet sich selbst als Schwarzwald-Andalusier. Er wurde 1961 als Sohn spanischer Gastarbeiter in Hausach geboren und ist dort heute verwurzelt. Oliver spricht über den großen spanischen Dichter Federico Garcia Lorca und liest aus dessen Gedichten in seiner eigenen Übertragung. Diese Lyrik trifft auf die wesensverwandte Flamencokunst des Ensembles madruga flamenca.

Lorca wurde nur 38 Jahre alt und war eines der ersten prominenten Opfer des Spanischen Bürgerkrieges. Mein weiß bis heute nicht, wo er beerdigt ist. Er wollte ursprünglich Musiker werden, aber als ihm ein Dichter sagte, er solle "hinaus in die Dörfer und ihm die Lieder bringen", zog es ihn selbst zur Literatur.

Jose Oliver hat zehn Jahre an 13 Gedichten gearbeitet. Das erste, das er erst auf deutsch und dann auf andalusisch-spanisch vorlas, hatte den Titel "Die Gitarre". Damit war die Überleitung zu dem Gitarristen Jörg Hofmann geschaffen. Dessen einfühlsames Spielen versetzte das Publikum sogleich in die Atmosphäre Lorcas und Andalusiens. Das war dann perfekt, als die wunderbare Flamencotänzerin Sybille Märklin mit ihrem ersten Tanz auftrat. Beide Solisten erhielten ihre künstlerische und musikalische Ausbildung in Spanien und leiten heute die Flamencoschule La-Solea in Freiburg. Schon da spürte man durch Zwischenrufe und Animationen, dass viele Spanierinnen im Publikum waren und die Stimmung anheizten.

Jose Oliver zitierte den spanischen Dichter Felix Grande mit dessen Philosophie des Flamenco: "Im Augenblick des Singens kristallisiert sich in der Stimme des Sängers die Leidensgeschichte eines ganzen Volkes." Das unterstrich kongenial Sybille Märklin mit einem hinreißend getanzten Flamenco. Temperament, Gefühl und Bewegung flossen zusammen und rissen das Publikum zu langem Beifall hin. Ebenso beeindruckend die Gitarrenbegleitung von Jörg Hofmann mit einer gleichzeitigen Tiefe und Leichtigkeit. Es war das Wechselspiel von Wort und Musik und Tanz, was die Veranstaltung so besonders machte und die Zuschauer und Zuhörer zutiefst faszinierte.

Zum Schluss las Jose Oliver noch einmal mit seiner angenehmen und eindrucksvollen Stimme von seiner Familiengeschichte in Andalusien, der Geburt seines Vaters 1934, der Ermordung seiner Großeltern durch die Falangisten und dem Bürgerkrieg, den er bezeichnenderweise "Brüderkrieg" nannte. Die beiden Gedichte "Schrei" und "Stille" unterstrichen diese sehr persönliche Lesung. Zum Schluss gab es langanhaltenden Applaus.

Akustik Gitarre, 4/03.