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Im Flamenco-Takt zu neuen Ufern
Zuerst kommt der Gitarrist auf die Bühne, stimmt mit spanischen Rhythmen das Publikum ein. Dann formiert
sich das ganze Ensemble und spätestens wenn die Tänzerin Sybille Märklin auftritt, knistert es im Saal:
die Faszination Flamenco ist dann spürbar in jeder Geste, jedem Schritt, jeder Bewegung. "Madrugá Flamenca"
begeisterte die Besucher im Saal der Waldorfschule restlos und erntete wahre Beifallsstürme.
Für einmal hat die Reihe "Akustik in Agathen" den angestammten Konzert-Ort gewechselt, weil für dieses
Flamenco-Bühnenprogramm eine Tanzfläche benötigt wurde. Madrugá Flamenca nennt sich die Formation aus
Freiburg, die sich vom ursprünglichen Flamenco inspirieren lässt, ihn aber neu, frisch und überaus
spannend belebt und interpretiert. Flamencogitarrist, Sänger und Komponist Jörg Hofmann geht in den
Eigenkompositionen von der Flamenco-Stilistik aus, schafft daraus aber individuelle Stücke, in die
auch jazzige und klassische Elemente einfließen. Das ergibt ungemein reizvolle Mischungen.
Auf dem weiten Feld des Flamenco bewegen sich Jörg Hofmann und seine Musikerkollegen, Flötist Jörg
Benzing, Kontrabassist Markus Lechner und Perkussionist Patrick Oliver Hetzinger, mit unbändiger
Spiellust. Sehr schön, wenn etwa der brillante Querflötist mit einem stimmungsvollen Intro von der
Seite des Saals auf die Bühne zugeht und sich in den Ensembleklang "einklinkt".
Die Gruppe spielte
Stücke, die auch auf den drei CDs von "Madrugá Flamenca" zu finden sind, etwa die Buleria "Una Rosa
en un rosal", die Alegria "Tu eres la mar" oder "Como el agua". Richtig lyrisch und poetisch wird es,
wenn Jörg Hofmann Liebesgedichte von Pablo Neruda vertont. Eine dieser überaus stimmungsdichten,
gefühlvollen Vertonungen stellte er an diesem Abend vor.
So fesselnd wie die Musiker den Flamenco
interpretieren, so faszinierend setzt ihn auch die Solotänzerin Sybille Märklin um. Auch sie schöpft
aus dem klassischen Tanzvokabular des Flamencos, bringt dazu Elemente des zeitgenössischen Tanzes mit
ein und gestaltet die einzelnen Flamenco-Stücke sehr persönlich und hochemotional.
Einmal orientiert sie sich mehr an der Tradition, wenn sie im flammend roten Kleid die Musiker klatschend
anfeuert und ebenso kraftvoll wie anmutig den Flamenco-Rhythmus verkörpert. Dann wieder schöpft sie die
Flamenco-Basis sehr frei aus, wenn sie im schwarzen Kleid mit einem langen Fransentuch oder einer langen
Rüschenschleppe tanzt, diese abwirft oder sich darin einhüllt und verhüllt.
Sybille Märklin legt alle emotionale Intensität, alle lodernde Leidenschaftlichkeit, aber auch den
strengen unerbittlichen Rhythmus des Flamencos in ihre Tanzbewegungen. Mal ruhig, gesammelt, hochkonzentriert
in Ausdruck und Schritten, dann wieder wie entfesselt, aufpeitschend, drückt die bildschöne Tänzerin in
ihren ungewöhnlichen Choreografien alle Facetten des Flamencos aus – mal elegisch, mal schmerzlich, mal
feurig und sinnlich. Im Zusammenspiel zwischen Musikern und Tänzerin entsteht so ein völlig neues,
aufregendes Bild des Flamencos, frei, innovativ, kreativ und hinreißend in Klang und Tanzsprache.
Wenn sich in den Zugaben die Musiker und die Tänzerin ganz vorne an die Rampe setzen und zwei der
Musiker sogar noch selbst eine kleine Tanzeinlage geben, dann kennt die Begeisterung des Publikums
kein Halten mehr.
Badische Zeitung, 12/09.
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