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Ein Enthusiast der Schönheit
Das Ensemble Madrugá flamenca und seine Gäste begeisterten im Theater Freiburg mit einer Hommage an den Dichter Pablo Neruda

Eine Feier der drei Künste sollte es sein, und eine Hommage an den bedeutendsten Dichter Lateinamerikas. Schon im Vorjahr hatte Sybille Märklin mit ihrem Pablo-Neruda-Programm ihr Publikum im Freiburger Wallgrabentheater in Begeisterung versetzt; dass es ihr möglich sein würde selbst das große Haus des Stadttheater auf den letzten Platz zu füllen, ist aber nun doch mehr als beachtlich.

Kein Zweifel: Die graziöse Tänzerin hat mit ihrem Ensemble Madrugá flamenca überregionales Renommee erworben. Wovon auch die Gäste aus drei Nationen künden, die an diesem Dreikönigstag das bekannte Programm "poemas de amor" mit musikalischen und tänzerischen Präsenten bereicherten. Selbst ein großformatiges Gemälde gewinnt Gestalt, während Märklin mit dem taktgebenden Spazierstock die Bühne erobert und aus dem Off die dunkle Rezitationsstimme des großen Chilenen dringt. Der Maler Nelson Leiva, seit Jahren in Freiburg ansässig, hat seinen berühmten Landsmann noch persönlich gekannt. Noch am Ende sieht man ihn mit langem Pinsel malen - die Liebe ein unvollendetes Projekt.

Der Pas de Deux von Sybille Märklin und Marco Volta ist ein Höhepunkt

Der schlangengliedrige Italiener Marco Volta, Tänzer am Tanztheater Freiburg, bietet mit seinen Interpretationen der von Jörg Hofmann behutsam vertonten Neruda-Gedichte unterdessen eine Kür des Ausdruckstanzes. Der Pas de Deux mit Sybille Märklin - eher eine perfekte Parallelaktion - gehört zu den Höhepunkten des Abends. Und schließlich führten die Andalusier Santiago Lara und Mercedes Ruiz wieder "back to the roots", zu den Wurzeln, zum flamenco clasico.

Was die temperamentvolle Sybille Märklin an Impulsivität und Lebensfreude zeigt, legte Mercedes Ruiz an Abgründigkeit nach. Mit formvollendet strengen Figuren, mit exakt gezügelter Leidenschaft präsentiert sie die subtile Seite des Flamenco: der Tanz als ein Mysterium, das nie zur Gänze auszuloten ist. Eine Tänzerin der Extraklasse, die sich das staunende Publikum nicht zum letzten Mal auf einer Freiburger Bühne wünscht.

Der Auftritt der Tänzerin verbindet Anmut mit Präzision

Sybille Märklin, die Gastgeberin, faszinierte einmal mehr in prächtigen Kostümen, mit einem Individualstil, der die Strenge der Flamenco-Tradition mit Elementen des freien Tanzes zu verbinden trachtet. Ein Bemühen um Balance, die ihr auch diesmal beinahe spielend glückt, vereint ihr Auftritt doch Anmut mit Präzision und einer Lust an der Bühne, die sich auf ihre vier Musiker überträgt: den Sänger und Gitarristen Jörg Hofmann, den Bassisten Markus Lechner und Jörg Benzing, der mit seinen Querflötensoli - Schlaglichtern aus Jazz und Klassik - das iberische Korsett noch weiter dehnt.

Die Tänzerin Märklin liebt ausgreifende Gebärden, die elegante Pose, rasante Drehungen und das Spiel mit dem Material: Kastagnetten, Stöcke, Stoffe, die sie in rhythmische Wallung versetzt. Ihr betont strenger Auftritt im roten Samtkleid nach der Pause war vielleicht ihr bester. Viel wurde geboten, rund um den verehrten Pablo Neruda, von dem leider nur ein einziges Gedicht in deutscher Übersetzung zu hören war. Sicher ist indes: Der Enthusiast der Schönheit hätte sich an diesem Dreikönigstag mit dem begeisterten Publikum gefreut.

Badische Zeitung, 1/06.