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Madrugá flamenca, Pablo Neruda - Poemas de Amor
Tränenpalast Berlin 3.11.04 Premiere
Wenn Künstler ihr Handwerk professionell betreiben und mit Liebe anreichern benötigen sie nur einen
kleinen Anstoß, um den nächsten Funken zur Flamme zu machen. Der sprichwörtliche Kuss der Muse setzt
dann die überspringende Energie frei. Geküsst wurden Madrugá flamenca aus Freiburg von Pablo Neruda.
Der große chilenische Dichter schrieb mir 20 Jahren Liebesgedichte, die maximal individualistisch und
introvertiert aufgenommen wurden und werden. Sie erzählen Gefühle auf den Punkt und gehören, nicht nur
für mich, zur Weltpoesie.
Die Stimme von Jörg Hofmann schwingt romantisierend, irgendwo zwischen Cat
Stevens und Leonard Cohen. Er begleitet sich und die Anderen mit eigenen komponierten Melodien auf
der Flamenco-Gitarre. Die Querflöte von Jörg Benzing reicht dem Jethro Tull Schotten Ian Anderson
allemal das Wasser. Der Kontrabass von Markus Lechner kann sicher auch im Stile des bodenständigen
Memphis Blues dampfen. Frank Bockius bearbeitet neben dem Cajón auch das Bodhran, die irische Trommel,
mit der er seine Compás-Sicherheit untermauert. Vor den Musikern tanzt Sybille Märklin das, was sie am
besten kann, Flamenco: anmutig, klar und bodenständig. Musik, Gesang und Tanz verschmelzen so zu einer
sinnlichen Einheit.
Da haben sich Musiker etwas ausgedacht, das so einleuchtend einfach ist, feinfühlig
und melancholisch unterhaltsam daherkommt. Große Gefühle können nicht inszeniert werden, dann wirken sie
aufgesetzt. Sie entstehen bei Madrugá flamenca aus einem inneren spielerischen Zusammenhang heraus. Da
sind Musiker am Werk, die sich sehr gut kennen müssen, um eine musikalische Idee derart rund zu machen.
Das dankbare und verzauberte Publikum erklatschte sich schließlich noch ein fin de fiesta.
Anda - Zeitschrift für Flamenco, 12/04.
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