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Graziöses Spiel der Finger
Madrugá flamenca im Bühneli
Lörrach. In stolzer, eindrucksvoller Pose und im langen rabenschwarzen Kleid steht Sybille Märklin
im Zwielicht dr Bühne. Ihre dunklen Haare, streng nach hinten gekämmt, gben den Blick frei auf ihr
Gesicht. Einen Augenblick lang verzerrt es sich im Schmerz. Einem Schmerz, von dem wenig später auch
die Bewegungen ihrer sich schlangengleich windenden Arme und Hände und das graziöse Spiel ihrer Finger
erzählen. Und die in rhythmischem Staccato hämmernden Füße.
"Momentos entre noche y día" - die Augenblicke zwischen Nacht und Tag zelebrierten "Madrugá flamenca"
aus Freiburg in ihrem gleichnamigen Programm am Sonntagabend im Bühneli. Drei Musiker und die Tänzerin
brachten spanisches Temperament und den heißen Wind Andalusiens in die kühle Stadt, aber mehr noch als
das: Sie durchmischten den traditionellen Flamenco mit seinen hörbaren arabischen Einflüssen mit modernen
Arrangments und ganz deutlichen Jazzeinflüssen, und vor allem im zweiten Teil des Abends auch mit modernem
Ausdruckstanz.
Der Gitarrist, Sänger und musikalische Kopf von "Madrugá flamenca" Jörg Hofmann entlockte seinem Instrument
farbenreiche Kantilenen und lud sie mit mal stark betonten angerissenen Noten, mal mit fließenden, rasanten
Läufen expressiv auf. In reizvollem Kontrast mit Markus Lechners schwermütigem Kontrabass standen auch die extatischen,
flatterzüngigen Einwürfe von Jörg Benzings Querflöte, die stark an den Jazzrock der 70er Jahre erinnerten.
Inmitten dieser Akkordwirbel immer wieder Sybille Märklin. Sie setzte den impulsiven Ausdruck der Emotionen
zwischen Tragik und Lebensfreude in kraftvoller Schönheit tänzerisch um und zog das Publikum ganz und gar
in ihren Bann. Mit wildem Klatschen (Palmas), Körperbeherrschung und Präzision, mit völliger Hingabe und
dem in ihrer Kunst Aufgehen, sowoh in einer Alegría über "Wandrers Nachtlied" von Goethe, einem Jaleo
"Calle Imperial" oder gleich den ganzen Bereich der zahlreichen Flamenco-Stile abdeckend in der "Suite minera",
die sich auf die Gesänge der Minenarbeiter im Osten Andalusiens bezieht.
Eine trübe Kerze in einer Grubenlampe zu Beginn: Dann tauchte die Lichtregie Sybille Märklin in alle möglichen
Tages- und Nachtstimmungen, ließ sie vom bläulich-bleichen Mond bescheinen, um sie beim furiosen Finale dann
im roten Kleid sebst intensiv leuchten zu lassen - wie Aurora, die Morgenröte. Begeistert und lange wurde
dieser moderne "europäisierte" Flamenco vom Publikum gefeiert.
Badische Zeitung, 4/04.
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