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Flamenco made in Freiburg
Souverän: Sybille Märklin

Vom Flamenco sind keine echten Überraschungen zur erwarten zumal, wenn nicht von Spanien interpretiert - dieses gängige Vorurteil strafte das junge Freiburger Ensemble "Madrugá Flamenca" dieser Tage Lügen - und wie! Zwei Abende lang ließen sie den heißen Wind Andalusiens durch den sonst so kühlen Ausstellungsraum des alten Wiehrebahnhofs fegen, verzauberten sie hr zahlreich erschienenes Publikum mit einer ebenso eigenwilligen wie ambitionierten Melange aus Tradition und Jazz, Folklore- und Ausdruckstanz.

Schon der Gitarrist Jörg Hofmann könnte mit seinen feinnervigen Interpretationen spanischer Lieder und Tänze durchaus einen Abend bestreiten, erst recht wenn Jörg Benzing seinen schwermütigen Rhythmen mit der Querflöte frischen Jazz-Odem einhaucht. Wenn aber Sybille Märklin die Bühne betritt, mit der herben Grandezza der Südländerin, die Arme über den Kopf wirft und graziös die Finger sielen lässt, wenn sie zwischen konzentrierter Pose und kalkuliertem Ausbruch exakt die Gefühlsvalenz der tragischen Siguiriya tifft, ist jeder Zweifel an der Authentizität beseitigt. Man ist nur gespannt, ob und wie lange sich diese Intensität halten lässt. Doch auch die beschwingte Alegría aus Cadiz tanzt die Freiburgerin mit einer Nonchalance, die an Eleganz nichts zu wünschen übrig lässt: getanzte Lebensfreude.

Nach der Pause dann der Höhepunkt: Aus dem Off erklingt Sarah Vaughans "Summertime", Sybille Märklin - schwarz gewandet mit großem, beigen Seidentuch - überführt das von Gitarre und Flöte variierte Motiv in fließende Bewegung, die sich zunehmend dem traditionellen Flamenco nähert. Wie ein großer Flügel umspielt das Tuch die grazile Gestalt, deren tänzerische Vehemenz immer wieder ins Elegische umschlägt, ohne an Natürlichkeit zu verlieren, ohne je in Tragik zu erstarren. Stets bleibt sie im Fluss, beweist, rhythmisch aufstampfend, wild klatschend, sich schlangengleich in der Hüfte wiegend, eine erstaunliche Körperbeherrschung.

Diese Frau hat Bühnenpräsenz. Selbst noch als Fandango-Sängerin macht Sybille Märklin eine passable Figur. Als Tänzerin ist sie fraglos eine Entdeckung. Kaum zu glauben, dass dieser Flamenco made in Freiburg ist.

Badische Zeitung, 12/00.